Wenn man sich ein Auto wie den McLaren Artura Spider ansieht, stellt man automatisch zwei Fragen. Die erste: Warum braucht ein Plug-in-Hybrid 700 PS? Die zweite: Warum nicht öfter?

Was McLaren hier auf die Straße stellt, ist weniger ein Zeichen technischer Anpassung als ein Beweis, dass man auch mit Hybridtechnik den Anspruch an kompromisslose Fahrdynamik nicht aufgeben muss. Im Gegenteil – man kann sie sogar verfeinern.
Der Artura Spider beginnt leise. Sehr leise. Beim morgendlichen Start bewegt er sich rein elektrisch, fast schon höflich, durch Wohnsiedlungen. Die Nachbarn bekommen nichts mit – und genau das wirkt zunächst fast unpassend.
Denn nur wenige Sekunden später – ein sanfter Druck auf‘s Gaspedal oder der Wechsel in den Sport-Modus reichen –, und Schluss ist mit Zurückhaltung. Dann springt der V6 an, die Klappenauspuffanlage öffnet bei exakt 2.000 Umdrehungen, und was vorher ein lautloses Gleiten war, wird zur klaren Rennstreckenshow.

Die McLaren Carbon Lightweight Architecture (MCLA) bildet die Basis – ein Monocoque aus kohlefaserverstärktem Kunststoff, das speziell für Hybridantriebe entwickelt wurde. Der Motor, ein 3,0-Liter-V6 mit 120° Zylinderbankwinkel, sitzt mittig, tief und kompakt im Fahrzeug.
Die ungewöhnlich breite Anordnung ermöglicht die zentrale Platzierung der beiden Turbolader im sogenannten Hot-V – was nicht nur das Ansprechverhalten verbessert, sondern auch das Gewicht reduziert und die thermische Effizienz erhöht.
Ergänzt wird der Verbrenner von einem Elektromotor mit 95 PS, eingebettet zwischen Motor und einem Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe, das auf einen klassischen Rückwärtsgang verzichtet – rangiert wird elektrisch.
Atemberaubende Fahrleistungen im McLaren Artura Spider

Systemleistung: 700 PS. Drehmoment: 720 Nm. Das reicht für eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in genau drei Sekunden, für 200 km/h in unter 8,5 und für eine Höchstgeschwindigkeit von 330 km/h – offen, versteht sich.
Dass dieses Leistungsniveau mit einem Normverbrauch von 4,6 l/100 km einhergeht, ist keine Zauberei, sondern das Resultat technischer Konsequenz. Doch wenn man ehrlich ist: Das Thema Verbrauch spielt bei einem Auto wie diesem eine Nebenrolle. Entscheidend ist ohnehin die Fahrweise. Wer ab und zu beherzt in‘s Gas tritt, bleibt trotzdem meist in der nähe der Zehn-Liter-Marke – was in dieser Leistungsklasse durchaus als effizient durchgeht.
Der 7,4-kWh-Akku sitzt tief im Fahrzeug, versorgt den E-Motor beim Boosten und erlaubt bis zu 34 km elektrische Reichweite – oder, realistischer, 25, wenn man sich Mühe gibt.

Geladen wird über Typ 2 mit maximal 3,6 kW, was für eine Vollladung rund zweieinhalb Stunden in Anspruch nimmt. Schnellladen ist nicht vorgesehen – es würde dem Zweck widersprechen. Der Elektroantrieb ist keine Langstreckenlösung, sondern ein System zur Effizienzsteigerung im sportlichen Fahrbetrieb – oder der sogenannte Nachbarschaftsmodus.
Und so lässt sich der Artura Spider bei Bedarf lautlos durch Innenstädte bewegen, schaltet im Hintergrund intelligent zwischen Elektro- und Hybridbetrieb um, und steht dabei in auffälligem Kontrast zu seinem tatsächlichen Leistungspotenzial.
Diese Vielseitigkeit bringt nicht nur dynamische Vorteile, sondern auch steuerliche. In Österreich liegt der CO₂-Ausstoß bei 108 g/km – was aktuell eine Einstufung in die günstigste NOVA-Klasse von 3 % bedeutet.
Preis steigt durch neue Steuern

Mit einer neuen Regierung und strengeren CO₂-Grenzen droht allerdings eine Anpassung auf bis zu 17 %. Angesichts eines Testwagenpreises von rund 385.000 Euro ist das mehr als ein Rechenexempel. Wer jetzt bestellt, spart nicht nur beim Sprint, sondern auch beim Finanzamt.
Der Testwagen war bis unter‘s Dach konfiguriert – alles, was McLaren aktuell bietet, war an Bord. Realistische Kundenkonfigurationen liegen meist bei etwa 320.000 Euro. Verzichten müsste man dann beispielsweise auf das vollständige Carbon-Außenpaket, das zwar sichtbar für mehr Rennsportcharakter sorgt und ein paar Kilogramm spart, im Schadensfall aber auch kostspielig werden kann. Andererseits: Bei einem Auto in dieser Liga schmerzt jeder Schaden. Nur der eine eben mehr als der andere.
Doch so sehr der Artura Spider auch durch Zahlen beeindruckt – sein größter Trumpf ist das Fahrerlebnis. Offen zu fahren bedeutet bei McLaren nicht, etwas von der Dynamik aufzugeben.

Im Gegenteil: Das elektrische Hardtop – eine zweigeteilte Carbon-Aluminium-Konstruktion – lässt sich in exakt elf Sekunden öffnen oder schließen, auch während der Fahrt bis 50 km/h. Optional lässt sich das Glasdach elektrochromatisch dimmen – per Knopfdruck wechselt es von durchsichtig auf angenehm abgedunkelt-blau.
Die Plattform des Spider wurde gezielt verstärkt, um trotz offenem Aufbau dieselbe Torsionssteifigkeit zu erzielen wie beim Coupé. Das Ergebnis: kein Wanken, kein Zittern, keine Bewegungen im Aufbau, selbst bei zügiger Fahrt über schlechte Straßen oder schnellem Richtungswechsel.
Die Lenkung arbeitet mit einer Präzision, die in der Supersportwagenklasse zu den Besten gehört. Sie vermittelt echte Rückmeldung, ohne übertrieben direkt zu wirken, ist frei von künstlicher Widerstandskurve, gibt Informationen über die Vorderräder, die man bei anderen Herstellern längst digitalisiert hat.
Top Fahrwerk

Das adaptive Fahrwerk regelt in Millisekunden nach – Comfort, Sport oder Track lassen sich über zwei ergonomisch platzierte Drehschalter am Kombiinstrument einstellen. Handling links, Powertrain rechts – der Fahrer bleibt mit den Händen am Lenkrad, der Blick auf der Straße. Besonders auf längeren Etappen glänzt der Artura Spider mit seinem adaptiven Tempomat und dem feinfühlig abgestimmten Fahrwerk.
Und auch beim Gepäck muss man sich keine Sorgen machen: Unter der Motorhaube steht ein zusätzlicher Stauraum mit 160 Litern zur Verfügung – ideal für zwei Sporttaschen oder das Wochenendgepäck für zwei Personen.
Die Bremsanlage funktioniert – wie alles an diesem Fahrzeug – nach dem Prinzip der Direktheit. Das Pedal ist hart, nicht unkomfortabel, aber ungewohnt. Wer aus einem klassischen Pkw umsteigt, wird beim ersten Anbremsen überrascht sein: Man muss kräftig zutreten, um Wirkung zu erzielen.

Optisch bleibt der Artura Spider der Linie seiner Brüder treu. Die Front ist tief, flach, mit funktionalen Lufteinlässen. Die Seitenlinie elegant gestreckt, mit Luftkanälen, die mehr kühlen als verzieren. Im Innenraum setzt sich diese Philosophie fort.
Zwei Displays liefern alle relevanten Informationen, aber ohne visuelles Theater. Das 10,25-Zoll große Kombiinstrument sitzt auf der Lenksäule und bewegt sich mit – das sorgt für durchgehend klare Ablesbarkeit.
Der zentrale 8-Zoll-Touchscreen für Navigation und Medien bleibt angenehm aufgeräumt, funktional, schnell. Die Materialwahl: Alcantara, Sichtcarbon, Aluminium. Keine Klavierlackflächen, keine überflüssigen Chromdetails.
Der Innenraum wirkt puristisch – aber nicht kalt. Selbst das Lenkrad bleibt frei von Tasten oder Schaltern. Wer hier sitzt, soll fahren. Nicht swipen.
Und der Klang? Der V6-Biturbo entwickelt mit geöffneter Auspuffklappe ein Klangbild, das nichts mit künstlich erzeugtem Lärm zu tun hat. Es ist ein mechanischer, technischer Sound – metallisch, trocken, ehrlich. Bei hohen Drehzahlen erinnert er an Rennwagen mit doppelter Zylinderzahl, bei niedrigen bleibt er zurückhaltend – aber präsent. Im Tunnel, offen gefahren, wird daraus ein akustisches Erlebnis, das nicht laut ist, sondern präzise.
Fazit
Der McLaren Artura Spider ist mehr als ein offenes Coupé mit Elektrozuschlag. Er funktioniert im Alltag, wenn man ihn lässt. Und auf der Strecke, wenn man ihn fordert. Er ist offen – nicht nur obenrum, sondern auch im Konzept: kompromisslos, aber zugänglich. Schnell, aber nicht übertrieben. Laut, aber nie lärmend. Ein Supersportwagen, der nicht nach Aufmerksamkeit schreit – sondern sie sich verdient.
Was uns gefällt:
Performance, Fahrwerkskomfort, Sound, Alltagstauglichkeit, Verarbeitung, Optik
Was uns nicht gefällt:
Dass wir den Schlüssel zurückgeben mussten
Testzeugnis:
Ausstattung Sicherheit: 1
Ausstattung Komfort: 2
Verbrauch: 2-
Fahrleistung: 1
Fahrverhalten: 1
Verarbeitung: 1
Platzangebot Fahrer/Beifahrer: 1
Kofferraum: 1
Ablagen: 3
Übersichtlichkeit: 2
Technische Daten Mclaren Artura Spider
Preis in Euro | |
Testwagenpreis ohne Extras | |
Testwagenpreis mit Extras: | 386.500,00 |
davon Steuern | 88.895,00 |
Technische Daten | |
Zylinder | 6 |
Hubraum in ccm | 2.993 |
Leistung PS/KW | 605/445 |
Max. Drehmoment Nm/bei U/min | 720/2250-7000 |
Systemleistung PS/KW | 700/515 |
Getriebe | 8-Gang-Doppelkupplungsgetriebe |
Antriebsart | Heckantrieb |
Fahrleistung und Verbrauch | |
0 – 100 km/h in sek. | 3,0 |
Höchstgeschwindigkeit in km/h | 330 |
Durchschnittsverbrauch in Liter | 4,8 |
CO2 Ausstoß pro km in Gramm | 108 |
Abmessungen und Gewichte | |
Länge in cm | 453,9 |
Breite in cm | 191,3 |
Höhe in cm (inkl. Dachgalerie) | 119,3 |
Radstand in cm | 264,0 |
Kofferraumvolumen in Liter | 160 |
Tankinhalt in Liter | 65 |
Leergewicht in kg | 1.560 |
Zulässiges Gesamtgewicht in kg | k.A |
Max. Zuladung in kg | k.A |